Einleitung

Inhalt: ProduktionsablaufBeschäftigteInformations- und MahnpunktForschungsgruppe

In Dessau, der zeitweisen Heimat des Bauhauses, welches aus Weimar vor den Nazis fliehen mußte, befand sich das Stammwerk der Dessauer Werke für Zucker und Chemische Industrie, der Hauptproduktionsstätte des Zyklon B. Hier wurden etwa zwei Drittel sämtlicher Zyklon-B Mengen hergestellt.

Die SS hatte das Recht, das Zyklon B direkt vom Produktionsort Dessau abzuholen, um es nach Auschwitz und in andere Konzentrationslager zu bringen.

Produktionsablauf

Fotografie (Aussschnitt): Ehemalige Zyklon-Produktionsstätte auf dem Dach des Apparate und Ofenhauses des VEB Gärungschemie Dessau, 1971 (Quelle: 100 Jahre Chemie in Dessau, Dessau 1971)

Fotografie (Aussschnitt): Ehemalige Zyklon-Produktionsstätte auf dem Dach des Apparate und Ofenhauses des VEB Gärungschemie Dessau, 1971 (Quelle: 100 Jahre Chemie in Dessau, Dessau 1971)

Die Produktionsstätte wird als kleine Holzbaracke auf dem Dach des Apparate- bzw. Ofenhauses beschrieben. »Man gelangte durch den Turm hoch in den Produktionsraum, vorn wurden die Büchsen geprüft, dann kam die Abfüllanlage, die Verschlußmaschine und die Abstanzmaschinen, um die bereits benutzten Büchsen wieder verwenden zu können. Sie wurden einfach kleiner gemacht und mit neuen Deckeln versehen. Bei der Abfüllung wurden die Arbeiter durch eine Glaswand geschützt, die wie ein nach oben hin zu öffnendes Schiebefenster funktionierte. Sie mußten mit den Händen unten hindurch greifen. So wurde die Blausäure in Büchsen gefüllt. Zwischengeschaltet war eine Messeinrichtung zur genauen Dosierung. Die Büchsen wurden weiter geschoben, mit einem Deckel verschlossen und durch Erhitzen und mittels chemischer Indikatoren auf Dichtheit geprüft.« (Quelle: Interview Herr H. über die 1951 nach alten Bauplänen wiederhergestellte Anlage/Forschungsgruppe Zyklon B, Dessau)

Die Beschäftigten der Zyklon B-Abteilung

In der relativ kleinen Abteilung zur Produktion von Zyklon B arbeiteten etwa 20 Menschen. Einige leitende Angestellte und Chemiker mußten als Zeugen nach dem Krieg im Prozeß gegen Dr. Peters in den Nürnberger Prozessen aussagen. So auch Dipl. Ing. A. Güllemann, Leiter der Schlempevergasung und der Zyklon-Produktion. Niemand von ihnen wurde jedoch selbst vor Gericht gestellt. Zum Kriegsende hatte das Leitungspersonal zahlreiches Aktenmaterial vernichtet. Einige Führungskräfte konnten weiterhin in leitenden Positionen verbleiben.

Ob die Beschäftigten der Zyklon-Produktion von der Verwendung des Produktes wußten, ist umstritten. Aktenkundig sind Zeugenaussagen, die Blut und Haare an den zurückgesandten Büchsen gesehen haben. In einer Dissertation 2010 stellt Hörner als ein Ergebnis seiner Forschung nach dem Mitwissen führender IG Farben Mitarbeiter fest: »Festzuhalten bleibt allerdings, daß die I.G. Farben maßgebend an der Degesch beteiligt war, führende Mitarbeiter der Degesch wußten, daß Zyklon B in Auschwitz zur Vernichtung von Menschen eingesetzt wurde.« (Hörner 2010:142)

Informations- und Mahnpunkt Zyklon B Dessau

Am 27. Januar 2005, dem 60. Jahrestag der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die sowjetische Armee, wurde in Dessau auf der Brauereibrücke (Askanische Straße) der Informations- und Mahnpunkt Zyklon B in ummittelbarer Nähe zum ehemaligen Zyklon B-Produktionsstandort der Öffentlichkeit übergeben. Da das ursprüngliche Gebäude, auf dem sich die Produktionsstätte befand, inzwischen abgerissen ist, und es auf dem Betriebsgelände relativ unzugänglich liegt, wurde der öffentliche Ort der Brauerreibrücke als Standort gewählt.

Info- und Mahnpunkt – Brauereibrücke, Askanische Straße, Dessau, und ehemaliger Standort der Zyklon-Station auf dem Werksgelände der DZR (Stadtplanverlag Gerlach, mit freundlicher Genehmigung)

Zusammen mit der Forschungsgruppe Zyklon B Dessau gestaltete die Designerin Sandra Scheer diesen Info- und Mahnpunkt. Er wurde aus Mitteln der Stadt Dessau und Spendengeldern finanziert. Die Website zyklon-b.info ist Teil des Gesamtkonzeptes und erweitert den Gedenkort in den virtuellen Raum. Sie wurde ursprünglich durch Holger Beisitzer erstellt und seitdem überarbeitet und aktualisiert.

Detailansicht, Info- und Mahnpunkt

Forschungsgruppe Zyklon B Dessau

Die Forschungsgruppe Zyklon B Dessau gründete sich am 30.10.1996 nach der Ausstellung »Schwestern vergesst uns nicht« im Dessauer Rathaus, welche die Schicksale der Insassinnen der Frauen-Konzentrationslager Moringen, Lichtenburg und Ravensbrück thematisierte. Im Begleitprogramm zu dieser Ausstellung wurde über die mörderische Anwendung des in Dessau produzierten Zyklon B in den deutschen faschistischen Konzentrationslagern berichtet.

Schwerpunkt der Arbeit war es, die örtlichen Aspekte der Produktion und den Transport des Giftgases bis zu seiner Anwendung in den Konzentrationslagern zu dokumentieren.

Ziele der Forschungsgruppe waren:

  • die Tatsachen des Missbrauchs und die Umstände der Produktion in Dessau in das öffentliche Bewusstsein zu bringen
  • einen Informations- und Mahnpunkt im öffentlichen Raum zu gestalten
  • die Forschungsergebnisse zu veröffentlichen

Diese Ziele sind mittlerweise erreicht worden, und die Mitglieder haben sich anderen Aufgaben zugewendet.